26. März 2020

 
 

FMPP High-Priority-Newsletter Nr. 4: Fragen zum Coronavirus

FMPP High-Priority-Newsletter Nr. 4: Fragen zum Coronavirus

 


Liebe Kollegen und Kolleginnen

Im Internet kursieren widersprüchliche Meinungen in Bezug auf die psychiatrische und psychotherapeutische Arbeit in der Praxis. Viele Mitglieder lassen sich dadurch verunsichern und wenden sich deswegen an uns. Deshalb wiederholen wir hier unmissverständlich: Das Ziel der bundesrätlichen Verordnung ist, die Ausbreitung des Virus zu bremsen. Deswegen sollen die Patienten und Patientinnen zu Hause bleiben.

Wir Psychiater und Psychiaterinnen haben den Auftrag, die psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung der Schweizer Bevölkerung aufrecht zu erhalten. Psychische Dekompensationen und daraus resultierende Hospitalisationen müssen nach Möglichkeit verhindert werden, um eine Überlastung der Kliniken zu vermeiden. Unsere Praxen bleiben daher offen und die psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlungen werden wenn immer möglich weitergeführt.

Es geht nicht um die Frage, ob wir die Praxis schliessen müssen oder nicht, sondern es geht darum, dass wir, wenn immer möglich, die modernen Kommunikationsmittel (Telekonferenz, Telefon) benützen und so mithelfen, die Ziele der Verordnung des Bundesrates möglichst gut umzusetzen. Es ist unsere Aufgabe und liegt in unserer Kompetenz, zu entscheiden, ob wir einen Patienten dringend in die Praxis bestellen müssen oder ob eine telemedizinische Konsultation durchgeführt werden kann.

Dies gilt auch für die delegiert arbeitenden Psychologen und Psychologinnen. Auch sie sollen weiterarbeiten und dabei wenn immer möglich die verschiedenen telemedizinischen Tools nutzen. Wichtig ist, dass die Aufsichtspflicht durch den delegierenden Arzt, die delegierende Ärztin weiterhin sichergestellt wird; auch dies ist mittels Telemedizin möglich.

Alle bisher in den HP-NL publizierten Fragen und Antworten finden Sie auch im öffentlich zugänglichen Bereich der FMPP-Homepage. 

Tragen Sie Sorge zu sich und bleiben Sie zuversichtlich!


Ihre Task Force

 
 

Weitere Hinweise zur ambulanten Versorgung

Viele Patienten und Patientinnen sind verunsichert und glauben, dass wir Psychiater und Psychiaterinnen überlastet sind und daher keine Zeit haben. Viele sind der Meinung, dass wir nur noch Notfälle behandeln und reguläre Konsultationen nicht möglich sind. Sie melden sich daher nicht oder sagen bereits vereinbarte Sitzungen ab, im Glauben, Platz für andere schaffen zu müssen, die diesen mehr brauchen.

Wir möchten Ihnen empfehlen, mit Patienten und Patientinnen, die bei Ihnen in Behandlung sind, in den letzten Wochen aber nicht in Ihrer Praxis waren und um die Sie sich sorgen, Kontakt aufzunehmen und nachzufragen. Informieren Sie diese Patientinnen und Patienten darüber, dass Sie Zeit für sie haben und vor allem auch, wie Sie erreichbar sind – per SMS, Email, Telefon etc.

Weiter empfehlen wir Ihnen, wenn Sie Platz haben, Ihre Zuweiser zu informieren, auf welchem Weg neue Patienten und Patientinnen mit Ihnen Kontakt aufnehmen können. Es ist sehr wichtig, dass für Menschen in Not niederschwellige Angebote geschaffen werden.

Ob die existierenden Therapievermittlungsplattformen auch für niederschwellige Angebote und für kurzfristige Termine genutzt werden, ist fraglich. Daher möchten wir anregen, sich vor Ort in den zahlreich entstehenden Hilfsangeboten für Menschen in Not wie z.B. telefonische Helplines zu engagieren. Das Rote Kreuz z.B. hat in vielen Regionen und Kantonen bereits Telefondienste für ihre vulnerablen Klientinnen und Klienten eingerichtet. Diese Dienste werden aktuell sehr stark in Anspruch genommen; die Unterstützung durch externe Fachpersonen ist daher sicher willkommen.

 
 

Hinweise zu Telefon- und Videokonsultationen – Datensicherheit und Datenschutz

Bereits in unserem High-Priority-Newsletter No1 haben wir Sie darauf aufmerksam gemacht, dass FaceTime, Skype, WhatsApp etc. wie auch generell die Mobiletelefonie keine sicheren Verbindungen sind, die der ärztlichen Schweigepflicht entsprechen. => Wir empfehlen Ihnen, bei der Verwendung telemedizinischer Tools die Patienten und Patientinnen dahingehend zu informieren und unbedingt auch deren formelles Einverständnis einzuholen. Vor wenigen Tagen hat die FMH zum Thema Telemedizin während der COVID-19-Pandemie ein sehr informatives Factsheet veröffentlicht. In dieser wichtigen Broschüre findet sich u.a. auch eine „Risikobewertung der gängigsten Produkte für Videokonsultationen“.

Neu bietet HIN (Health Info Net AG) in Zusammenarbeit mit der FMH das Tool "Hin Talk Video" für sichere Videokonferenzen mit Patientinnen und Kollegen an. Dieser Video-Service wird HIN-Kunden für die Dauer der COVID-19-Pandemie kostenfrei zur Verfügung gestellt. Das Tool ist sehr einfach zu bedienen, funktioniert bestens und kann mit Passwort geschützt werden. Um HIN Talk Video verwenden zu können, benötigen Sie einen PC oder Laptop mit Webcam und Mikrofon sowie den Google Chrome -Webbrowser. (Mit anderen Webbrowsern funktioniert HIN Talk Video aktuell noch nicht)

 
 

Hat die FMPP bereits eine Antwort des BAG bzgl. der Abrechnungsmodalität von telemedizinischen Sitzungen erhalten?

Wir versuchen seit zehn Tagen und auf verschiedenen Wegen vom BAG eine Antwort zu erhalten, bisher leider ohne Erfolg. Die FMH hat in der Zwischenzeit dem Bundesrat den Antrag gestellt, die Limitationen der folgenden Positionen während des Zeitraums der vom Bundesrat beschlossenen «ausserordentlichen Lage» aufzuheben:

  • Telefonische Konsultation durch den Facharzt für Psychiatrie: betrifft die Tarifpositionen 02.0060, 02.0065 und 02.0066
  • Telefonische Konsultation durch delegierten Psychologen/Psychotherapeuten: betrifft die Tarifposition 02.0250

Für uns gilt nach wie vor: Bis wir vom BAG eine Antwort haben, empfehlen wir, alle telefonischen und telemedizinischen Konsultationen abzurechnen, wie Sie es üblicherweise für Präsenz-Konsultationen tun.

 
 

Welche Neuerungen auf Verordnungsebene des Bundesrates gilt es zu berücksichtigen?

Mit der am 25. März 2020 verabschiedeten Notverordnung können Einzelunternehmen, Personengesellschaften oder juristische Personen, die aufgrund der COVID-19-Pandemie namentlich hinsichtlich ihres Umsatzes wirtschaftlich erheblich beeinträchtigt sind, bei einer Bank einen Kredit im Umfang von bis zu 10% ihres im Jahr 2019 erzielten Umsatzerlöses beantragen. Sie müssen sich verpflichten, den Kreditbetrag ausschliesslich zur Sicherung ihrer laufenden Liquiditätsbedürfnisse zu verwenden. Der Zins beträgt zurzeit 0,0%. Er wird danach vom Finanzdepartement jährlich per 31. März an die Marktentwicklungen angepasst. Der Kreditbetrag ist nach fünf Jahren vollständig zurückzubezahlen; in Härtefällen kann diese Frist einmal um zwei Jahre verlängert werden. Die Kredite werden unbürokratisch und innert kurzer Frist ausbezahlt. Der Kreditantrag ist über diese Website verfügbar.

In Bezug auf Kurzarbeitszeit und Erwerbsersatzentschädigung hat sich für die Ärzteschaft zurzeit nichts geändert. Es gibt aber Anzeichen, dass Selbstständigerwerbende auch dann einen Entschädigungsanspruch erhalten sollen, wenn sie wegen der Pandemie einen Erwerbsausfall erleiden, obwohl ihr Betrieb durch die Behörden nicht vollständig geschlossen wurde. Wir bleiben dran.

 
 

FMPP-Task Force

Innerhalb des Vorstandes der FMPP hat sich eine Task Force gebildet, die alle wichtigen Fragen und Empfehlungen über COVID-19 in der Psychiatrie diskutiert und kommuniziert. Mitglieder der Task Force sind Pierre Vallon (Präsident FMPP), Alain di Gallo (Vertreter SGKJPP), Fulvia Rota (Vertreterin SGPP), Philipp Straub (Rechtsberater FMPP) sowie Christoph Gitz (Geschäftsführer FMPP).

Richten Sie Ihre Fragen bitte an fmppnoSpam@psychiatrie.noSpamch.

Die Task Force wird Sie auch weiterhin mit regelmässigen Newslettern zu weiteren Fragen zeitnah informieren.