Neues aus der Session

Die aktuellen Themen der parlamentarischen Session sind: die Interpellation «Erschwerter Zugang zu IV-Renten für Menschen mit Depressionen»,  die Motion « Differenzierte Codierung bei psychiatrischen Diagnosen», die Parlamentarische Initiative «Gesetzliche Grundlage für die Überwachung von Versicherten» und die Diskussionen rund um das Globalbudget und weitere Massnahmen zur Kosteneindämmung in der OKP aufgrund eines aktuellen Expertenberichts.

Christoph Gitz, Geschäftsführer


Erschwerter Zugang zu IV-Renten für Menschen mit Depressionen

(Interpellation Nationalrat, Silvia Schenker, Geschäftsnummer 17.3948)

Gemäss einem Entscheid der IV und des Bundesgerichts (vgl. BGE 9C_13/2016) wurde einer Frau mit einer diagnostizierten Depression keine IV-Rente zugesprochen, weil eine «Therapieresistenz» nicht erwiesen sei. Diese neue Praxis hat in den Medien über den Sommer 2017 hohe Wellen geworfen. Der Nachweis, dass jemand «therapieresistent» sei, ist schwer zu erbringen. In der medizinischen Fachliteratur gibt es denn auch keine einheitliche Definition. Derweil findet sich in der Rechtsprechung folgende begriffliche Eingrenzung von «Therapieresistenz»: Es gibt keine einzige (zumutbare) Therapie mehr, welche eine Verbesserung verspricht. Aus Fachkreisen und von Betroffenen ist zu hören, dass Menschen mit mittelschweren Depressionen nun praktisch keine Chance mehr haben, eine IV-Rente zu erhalten. Das ist eine Diskriminierung von Menschen mit einer psychischen Krankheit im Vergleich zu Menschen mit somatischen Leiden.

In diesem Zusammenhang hat Nationalrätin Silvia Schenker in der Herbstsession dem Bundesrat die folgenden Fragen gestellt: (1) Wie hat sich die Zahl der IV-Renten für Menschen mit mittelschweren und schweren Depressionen in den letzten Jahren entwickelt? (2) Wie sieht der vom BSV erwähnte Kriterienkatalog zur Überprüfung eines Rentenanspruchs aus? Wie hat sich die Anwendung des Kriterienkatalogs auf die Zahl der Berentungen ausgewirkt? (3) Wie stellt der Bundesrat sich dazu, dass aufgrund der beschriebenen Entwicklung Personen mit psychischen Erkrankungen, insbesondere mit Depressionen, gegenüber Personen mit somatischen Erkrankungen in der Zusprechung von IV-Leistungen diskriminiert werden? Eine Antwort des Bundesrats steht noch aus. Die Interpellantin wird anschliessend prüfen, ob sie mit einer Motion aktiv werden will. Der Vorstand wird je nach Antwort des Bundesrates mit Frau Schenker das Gespräch suchen.   


Differenzierte Codierung bei psychiatrischen Diagnosen

(Motion Nationalrat, Verena Herzog, Geschäftsnummer 17.3892)

Mit ihrer Motion beauftragte die Nationalrätin Verena Herzog den Bundesrat, die Umsetzung folgender Massnahmen einzuleiten: Bei Verfügungen für IV-Renten auf Grund von psychiatrischen Diagnosen müssen auch Nebendiagnosen insbesondere Alkohol (Code 647) und andere Süchte (Code 648) aufgeführt werden. Die Süchte (Code 648) müssen je nach Substanz einzeln codiert werden. Sorge bereitet der Motionärin der steigende Anteil von IV-Bezügern unter 25 Jahren. Sie ist der Meinung, dass die für die Berentung entscheidende Codierung mit Nebendiagnosen zu ergänzen sei. So könne verhindert werden, dass Suchtkranke mit psychiatrischer Hauptdiagnose die bei der IV vorgesehene Schadenminderungspflicht (Selbsteingliederungspflicht) nicht wahrnehmen. Wenn in der Verfügung die Codes für die Nebendiagnosen aufgeführt wären, gäbe dies unerlässliche Aufschlüsse im Hinblick auf eine wirkungs- und zielorientierte Prävention und Wiedereingliederung. Dank dieser Informationen und der damit entstehenden Transparenz könnte es möglich werden, insbesondere die jungen IV-Bezügerinnen und -bezüger vor einer jahrelangen Invalidität zu bewahren und die in letzter Zeit stetig steigenden Langzeit- und Folgekosten zu verringern. Die Zuständigkeit für diese Motion liegt beim Departement des Innern bzw. beim BAG. Erstbehandelnder Rat ist der Nationalrat, aber er wird wohl kaum mehr in der Wintersession diese Motion behandeln können. Die Schweizerische Gesellschaft für Suchtmedizin SSAM und deren Sektion Suchtpsychiatrie und -psychotherapie SAPP arbeitet dazu in Koordination mit der FMH gegenüber dem BAG eine Stellungnahme aus, welcher sich der Vorstand FMPP anschliessen wird. Der Vorstand FMPP wird vor der Beratung im Nationalrat aktiv werden, da eine grosse Zahl von Nationalräten, darunter auch gesundheitspolitische Schwergewichte die Motion mit unterzeichnet haben. Die FMPP befürchtet, dass das eigentliche Ziel eine Erhöhung der Zugangsschwelle zu einer IV Rente ist und vermehrt langwierigere bürokratische Abläufe geschaffen werden.


Gesetzliche Grundlage für die Überwachung von Versicherten

(Parlamentarische Initiative der SGK SR Geschäftsnummer 16.479)

Die Kommission für soziale Sicherheit des Ständerates hat einen neuen Observationsartikel beschlossen. Darin steht u.a., dass technische Instrumente zur Standortbestimmung eingesetzt werden können! Der diesbezügliche Gesetzesentwurf wird am 14. Dezember im Ständerat beraten und geht anschliessend in den Nationalrat. Falls dieser auch zustimmt, ist das Gesetz verabschiedet. Es gibt Minderheitsanträge aus der SP, so z.B. dass eine verdeckte Observation nur erfolgen kann, wenn eine Richterin oder ein Richter des im Fall einer Beschwerde zuständigen kantonalen Versicherungsgerichts die Observation genehmigt hat. Die FMPP drängt darauf, Menschen mit psychischen Behinderungen nicht anders als somatisch kranke Menschen zu behandeln und ein transparentes und faires Vorgehen einzuhalten.


Globalbudget und weitere Massnahmen zur Kosteneindämmung in der OKP

Am 24. August 2017 ist ein Bericht einer vom Eidgenössischen Departement des Inneren EDI beauftragten Expertengruppe mit 38 möglichen Kostendämpfungsmassnahmen zur Entlastung der Obligatorischen Krankenversicherung OKP erschienen. Darin wird die Idee des Globalbudgets wiederum aufgeworfen. Bereits Anfang 2017 hatte die SGK-NR ein sogenanntes indirektes Globalbudget vorgeschlagen, bei dem bei einer Überschreitung eines gewissen Wertes im Kostenwachstum automatisch die Tarife für die ärztlichen Leistungen gekürzt würden (vgl. dazu auch Motion Ständerat Erich Ettlin 16.3987). Die SGK-SR hat vor Kurzem den Vorstoss der Schwesterkommission im NR und die Motion Ettlin aus formalen Gründen abgelehnt. Die Diskussion rund um das Globalbudget gilt es aufmerksam weiter zu verfolgen.

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