Aktuelle Positionen und Anliegen zu EFAS

Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) hat Mitte Mai 2018 das Vernehmlassungsverfahren zum Vorentwurf zur Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) unter dem Titel «Einheitliche Finanzierung der Leistungen im ambulanten und im stationären Bereich» eröffnet, den sie im Rahmen der parlamentarischen Initiative 09.528 ausgearbeitet hat. Der Entwurf sieht vor, dass die Versicherer und die Kantone die Leistungen im ambulanten und im stationären Bereich einheitlich finanzieren. Die Kantone sollen einen Beitrag von mindestens 25.5% an die Kosten leisten, die den Versicherern nach Abzug der Kostenbeteiligung der Versicherten verbleiben. Mit der Änderung im KVG soll die Verlagerung von Leistungen aus dem stationären in den tendenziell günstigeren ambulanten Bereich gefördert und eine koordinierte Versorgung erleichtert werden. Lesen Sie die Position der FMH und ihrer Partnerorganisationen. Zudem gibt Stefan Aebi, UPD Bern, einen Einblick in die diesbezüglichen Anliegen der psychiatrischen Kliniken und Ambulatorien.  

Einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen – Anliegen der psychiatrischen Kliniken und Ambulatorien

Stefan Aebi, Vorsitzender der Geschäftsleitung, Universitäre Psychiatrische Dienste Bern  

Ambulante und stationäre Angebote haben beide ihre Berechtigung, wobei manche Leistungen wirksamer und effizienter entweder ambulant, tagesklinisch oder stationär erbracht werden können. Im Moment unterstützen sowohl die medizinischen Fachkreise und die Patientenorganisationen als auch die Politik die Forderung zur Versorgung psychisch Erkrankter im Modell «ambulant vor stationär». Die aktuelle Finanzierung stützt dies aber nicht. Daher ist der Idee, dass gleiche Leistungen auch gleich finanziert werden sollen, grundsätzlich zuzustimmen. Der Vorentwurf zur Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) unter dem Titel «Einheitliche Finanzierung der Leistungen im ambulanten und im stationären Bereich (EFAS)» löst das aktuelle Hauptproblem – die Unterfinanzierung der ambulanten und tagesklinischen Leistungen – jedoch nicht. Denn damit wird die Höhe des Taxpunktwerts keineswegs auf ein kostendeckendes Mass korrigiert. Anders gesagt: Aus den ambulanten psychiatrischen Leistungen ergeben sich nicht genügend Taxpunkte, um kostendeckende Erträge zu erzielen. Der Gesetzesvorschlag ändert auch nichts daran, dass psychiatrische tagesklinische Leistungen nicht sinnvoll mit TARMED abbildbar sind. Aber: EFAS ist eine wichtige Voraussetzung für die Vereinbarung von Tarifen für tagesklinische oder andere intermediäre Leistungen in der Psychiatrie. Die dadurch mögliche Vermeidung von Partikularinteressen seitens Versicherern und Kantonen würde Fehlanreize beseitigen, was die Behandlungsqualität erhöht. Dies ist auch eine unabdingbare Voraussetzung für neue übergreifende Modelle der integrierten Versorgung.

Richtige Richtung, aber Risiken im Auge behalten

Wenn die Kantone künftig ambulante Leistungen mitfinanzieren, dann werden sie bei der Planung entsprechender Angebote mitbestimmen wollen. Deshalb ist die Rolle der Kantone vorgängig klar zu definieren. Sparübungen, wie der kürzlich erfolgte bundesrätliche Eingriff in den TARMED oder die Kürzungen der Beiträge an die ambulante psychiatrische Versorgung im Kanton Bern, hängen zwar nicht direkt mit der Diskussion um die EFAS zusammen, treffen die institutionellen psychiatrischen Leistungserbringer mit ihren seit langem nicht kostendeckenden ambulanten psychiatrischen Entgelten aber hart. Es wäre daher für uns als Vertreter der psychiatrischen Institutionen kaum nachvollziehbar, wenn der Bund oder die Kantone bei diesen Leistungen – obwohl versorgungspolitisch erwünscht und heute schon ungenügend abgegolten – noch stärker den Rotstift ansetzen würden. Weitere massive Kürzungen im ambulant-tagesklinischen Bereich erzwingen eine Anpassung der Angebote, schwächen die ambulante Versorgung und führen auch unnötigerweise zu mehr stationären Zuweisungen mit insgesamt höheren Kosten. Die knappen stationären Versorgungskapazitäten werden durch solche Fehlmassnahmen mit Patienten überbelegt, die in Ambulatorien, aufsuchend zuhause oder in Tageskliniken besser und kostengünstiger betreut werden könnten.

Übergangsfristen für Anpassungen nötig

Aus Sicht der institutionellen Psychiatrie ist eine ausreichende Übergangsfrist für die Umsetzung der mit EFAS angestrebten Verlagerung in die ambulante Versorgung unabdingbar. Infrastrukturelle Einrichtungen, inner- und ausserbetriebliche Abläufe und Strukturen müssen angepasst, wirksame Kooperationen im Sinne der integrierten Versorgung aufgebaut sowie schon aktuell knappes Fachpersonal rekrutiert werden. Dabei darf nicht vergessen gehen, dass in den kommenden Jahren im Gesundheitswesen weitere grosse Herausforderungen bevorstehen; demografische Entwicklung, digitale Transformation, Annäherung an die Somatik - um nur einige zu nennen. Schliesslich betrifft der Paradigmenwechsel hin zur EFAS nicht nur psychiatrische Institutionen, sondern alle ambulant praktizierenden Leistungserbringenden und mit entsprechend positiven Effekten auf die Gesellschaft selbst. 


Stefan Aebi, lic.oec.HSG, ist seit Juli 2014 Vorsitzender der Geschäftsleitung der Universitäre Psychiatrische Dienste Bern (UPD) AG. Davor arbeitete er in verschiedenen Führungspositionen bei IBM Schweiz und bei Roche Diabetes Care AG, dort zuletzt ab 1997 als General Manager. Seit 2015 nimmt Stefan Aebi verschiedene Mandate als Verwaltungsrat, Vorstandsmitglied und Organisator wahr. Er ist u. a. Verwaltungsratspräsident und Mitgründer der Burgdorfer Gasthausbrauerei AG.


FMH-Position zur einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen: Prioritär zu realisieren!

Die Gesundheitskommission des Nationalrats hat die lang ersehnte Vernehmlassung zur Einführung einer einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen eröffnet. Das heutige Finanzierungssystem birgt verschiedene Fehlanreize, sodass die zunehmende Verlagerung von teuren stationären Leistungen in den kosteneffizienten ambulanten Bereich einseitig zu Lasten der Prämienzahlenden geht. Die einheitliche Finanzierung schafft echte Anreize zur Effizienzsteigerung und realisiert Sparpotenziale bei besserer Versorgungsqualität. Für curafutura, santésuisse, FMH, GELIKO, Interpharma, kf, pharmaSuisse, SP, den Schweizerischen Versicherungsverband und vips ist die Einführung einer einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen daher eine derwichtigsten und grundlegendsten Reformen des Gesundheitswesens.  

Duale Finanzierung heute:

  • stationäre psychiatrische Leistungen in Listenspitälern: Tarife werden durch Versicherer und Leistungserbringer vereinbart. Die Bezahlung erfolgt typischerweise im Verhältnis 55% durch den Kanton und 45% durch die Versicherer, d.h. durch die Prämienzahler.
  • ambulante psychiatrische Leistungen nach TARMED werden zu 100% durch die Versicherer, d.h. durch die Prämienzahler bezahlt.
  • Behandlungen in psychiatrischen Tageskliniken gelten laut VKL[1] ebenfalls als ambulant.
  • In vielen Kantonen wurde erkannt, dass die ambulanten Erträge aus TARMED bei weitem nicht kostendeckend sind. Um die ambulante und tagesklinische Versorgung aber sicherzustellen, leisten viele Kantone zusätzliche Beiträge.

[1] Verordnung über die Kostenermittlung und die Leistungserfassung durch Spitäler, Geburtshäuser und Pflegeheime in der Krankenversicherung, Art.5


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