Die gesundheitspolitische Strategie des Bundesrates 2030

Erst 23 der über 90 Projekte der 2013 lancierten gesundheitspolitischen Strategie 2020 sind abgeschlossen, da präsentierte der Bundesrat Anfang Dezember 2019 bereits seine Strategie 2030 mit 8 Zielen und 16 Stossrichtungen (vgl. Abbildung). Was darf von der Neuausrichtung der bundesrätlichen gesundheitspolitischen Strategie von Seiten der Psychiatrie erwartet werden?

Christoph Gitz, Geschäftsführer


Rückblick auf Gesundheit2020

Wie wir wissen, beinhaltete Gesundheit2020 zwar keine integrale Strategie der Psychischen Gesundheit, stärkte jedoch mit verschiedenen nationalen Teilstrategien und Projekten (vgl. Nationale Strategie Prävention nichtübertragbarer Krankheiten, Nationale Strategie Sucht, Nationale Demenzstrategie, Beabsichtigte Massnahmen zur psychischen Gesundheit in der Schweiz, Zukunft der Psychiatrie in der Schweiz, Gründung Netzwerk Psychische Gesundheit Schweiz NPG1/typo3/, Aktionsplan Suizidprävention) die Bedeutung der psychischen Gesundheit und namentlich auch der Psychiatrie. Zur Umsetzung der Massnahmen wurde der Beitrag für die allgemeine Krankheitsverhütung gemäss Artikel 20 Absatz 1 des Krankenversicherungsgesetzes pro versicherte Person erhöht (auf 3.60 CHF ab 2017 und auf 4.80 CHF ab 2018). Damit stehen der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz die für die Umsetzung eines wesentlichen Teils der Massnahmen notwendigen Mittel zur Verfügung. Die Stiftung unterstützt aktuell in den kantonalen Aktionsprogrammen über 40 Projekte zur psychischen Gesundheit der beiden primären Zielgruppen „Ältere Menschen“ sowie „Kinder und Jugendliche“. Nicht zu vergessen ist die Vielzahl der auf Initiative von Kantonen und/oder privaten Nonprofit-Organisationen lancierten Kampagnen und Projekte wie etwa der Kampagne „Wie geht‘s dir?“, die erste „Mad Pride“ der CORAASP am 10. Oktober 2019 in Genf oder ensa, das Erste-Hilfe-Programm für psychische Gesundheit der Pro Mente Sana. Die FMPP hat sich auf unterschiedliche Weise in den diversen Projekten engagiert, immer mit demselben Ziel, die Sensibilisierung für die psychische Gesundheit, für psychische Krankheiten und ihre gesellschaftliche Last sowie für die Psychiatrie und der in der Psychiatrie Tätigen zu stärken. Eine inhaltliche Wirkungsanalyse der letzten Strategieperiode ist allerdings schwierig vorzunehmen ebenso eine Analyse der Umsetzung des «Mental Health Action Plan der WHO 2013», der von der Schweiz ratifiziert wurde. Der Bundesrat zeichnet in seinem Erfahrungsbericht zur gesundheitspolitischen Strategie 2020 ein kritisch positives Bild. Ein Urteil, das wir teilen können.

Gesundheit2030 aus dem Blickwinkel der Psychiatrie

Dass sich in der gesundheitspolitischen Strategie des Bundesrates einiges in Richtung der psychischen Gesundheit bewegt, zeigt allein die Tatsache, dass neben der physischen Gesundheit konsequent auch die psychische Gesundheit Erwähnung findet. Ebenso stehen die bzgl. der Herausforderung der demografischen und gesellschaftlichen Entwicklung wichtigen Zielgruppen wie Kinder- und Jugendliche sowie ältere Menschen weiterhin im Fokus. Dies ohne die psychische Gesundheit der Arbeitswelt bzgl. neuer Arbeitsformen aus der digitalen Transformation oder die Förderung eines gesunden Arbeitsumfeldes zu vernachlässigen. Für die psychisch kranken Menschen wird eine Unterversorgung attestiert. Andere Ziele und Stossrichtungen wie bspw. der «Erhalt und die Förderung von Natur- und Landschaftsqualitäten» sind wohl eher der aktuellen politischen Diskussion als einer wirklichen inhaltlichen Priorität für die Gesundheitspolitik geschuldet.

Die neue Strategie enthält allerdings auch Stossrichtungen, die stark ordnungspolitisch geprägt und deshalb in Erwartung der möglichen Umsetzungsmassnahmen sehr kritisch zu betrachten sind. «Mehr Langzeitpflegepersonal» bzw. «Optimierung Finanzierung der Langzeitpflege» kann auch als politischer Rettungsring für die «Einheitliche Finanzierung ambulant und stationär, EFAS» verstanden werden, die von Seiten der Kantone wegen des Nichteinbezugs der Langzeitpflege auf Ablehnung stösst.

Für die medizinische Versorgung in der Schweiz und damit auch für die Psychiatrie verdient die Herausforderung «Qualitativ hochstehende und finanziell tragbare Versorgung» mit ihren Zielen und Stossrichtungen eine besonders kritische Beachtung. Das Vorhaben «einen Rahmen festlegen, damit das Kostenwachstum tragbar bleibt» bzw. «die Rahmenbedingungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung» so anzupassen, «dass die Einhaltung einer annehmbaren Kostenzunahme sichergestellt werden kann», lässt aufhorchen und an ein Globalbudget bzw. an eine Steuerung durch Zielvorgaben denken. Demnächst soll das BAG das zweite Massnahmenpaket zur Kostendämpfung in der OKP in die Vernehmlassung geben. Spätestens dann werden den oben genannten strategischen Stossrichtungen konkrete Massnahmen folgen.

Die FMPP wird auf Einladung der FMH zur neuen gesundheitspolitischen Strategie des Bundesrates 2030 kritisch Stellung nehmen. Sie konnte sich bereits an der Nationalen Konferenz Gesundheit2030 in Bern zum Thema «Alter und Gesundheit» aktiv mit einbringen und ihre Präferenzen zu den strategischen Stossrichtungen anmelden. Sie wird dies auch bei der Umsetzungsplanung der für sie relevanten Massnahmen tun.


/typo3/1 Vgl. auch das Schweizer Manifest für Public Mental Health von Public Health Schweiz in Zusammenarbeit mit dem NPG

Graphische Zusammenfassung der Gesundheitspolitischen Strategie des Bundesrates 2020-2030

 

 

 

.hausformat | Webdesign, Typo3, 3D Animation, Video, Game, Print