Angekündigtes TARMED-Beben

Der Bundesrat hat seine Ankündigung wahr gemacht: Am 22. März 2017 gab er seinen Verordnungseingriff in den Ärztetarif TARMED bekannt und startete die Vernehmlassung. Für alle ärztlichen Spezialdisziplinen ist dies mit Einschnitten verbunden – auch für die Psychiatrie. Die Tarifkommission hat diese Auswirkungen nun in einem Factsheet zusammengestellt. Seitens der FMPP wird zum einen nun eine detaillierte Vernehmlassungsantwort ausgearbeitet. Zum anderen soll zeitgleich mit dem TARCO-Projekt eine mehrheits- und genehmigungsfähige Tarifstruktur entwickelt und zur Genehmigung eingereicht werden. Ziel ist es nach wie vor, die Tarifautonomie so zu erhalten. Beides erfordert nun ein umsichtiges Vorgehen.

Alexander Zimmer, Präsident der Ständigen Tarif-Kommission (STK)   

Am 22. März 2017 hat der Bundesrat im Rahmen seiner subsidiären Kompetenz erneut in den Ärztetarif TARMED eingegriffen. Ausschlaggebend dafür war, dass sich die Tarifpartner in den letzten Jahren nicht auf eine Gesamtrevision einigen konnten. Kommuniziert wird vom Bundesrat, dass er mit  den Anpassungen die Transparenz erhöhen, Fehlanreize reduzieren und den TARMED sachgerechter gestalten wolle. Darüberhinaus will er damit jährliche Einsparungen von rund 700 Millionen Franken erzielen. Die verordnete Tarifstruktur soll am 1. Januar 2018 in Kraft treten. Bis am 21. Juni 2017 läuft nun eine Vernehmlassung über die vom Bundesrat gemachten Änderungen. Die FMPP wird dazu  detailliert und klar Stellung nehmen.

Die wichtigsten Änderungen im Überblick

Der Tarifeingriff des Bundesrats bezweckt in erster Linie Tarifsenkungen, vor allem bei den technischen Leistungen. Dies erfolgte bereits mit dem Tarifeingriff auf den 1. Oktober 2014, bei dem die Entschädigungen für bestimmte technische Leistungen linear gesenkt und die Grundversorger bessergestellt wurden. Die nun erfolgten erneuten Senkungen betreffen diverse operative und bildgebende Disziplinen. Der Bundesrat hat darüber hinaus in seiner Verordnung aber auch die quantitativen Dignitäten für alle Ärztinnen und Ärzte gleichgestellt. Zukünftig soll die Dauer der Weiterbildung nicht mehr tarifarisch wirksam sein. Dadurch senkt sich der Dignitätsfaktor, der für die Psychiatrie bisher durch die sechsjährige Weiterbildung zum Facharzttitel bei 1.043 lag auf 0.968. Dadurch sinkt wiederum die Ärztliche Leistung (AL) und damit die Anzahl Taxpunkte, die wir für ein 5-Minuten-Zeitintervall erhalten. Der Bundesrat hat zudem die Leistungen in Abwesenheit aufgesplittet und mit einer Limitation versehen.

Konsequenzen für das TARMED-Kapitel Psychiatrie

Obwohl der Tarifeingriff eine bessere Ausbalancierung zwischen technischen und ärztlichen Leistungen beabsichtigt, bewirken die Änderungen auch Tarifeinbussen für die Erwachsenen- sowie Kinder- und Jugendpsychiaterinnen und -psychiater. Die Tarifkommission hat zur Information ein Factsheet über die Konsequenzen des Tarifeingriffs für die Psychiatrie erstellt. Neu werden alle ärztlich psychiatrischen Positionen im Kapitel 02 um 4.8% tiefer honoriert, obwohl die Mitglieder unserer Fachdisziplin bereits heute zu den am schlechtesten verdienenden Ärztinnen und Ärzten gehören. Limitationen im Leistungsblock «Leistungen in Abwesenheit» und die zeitliche Begrenzung von Telefonaten auf 20 Minuten rationieren die psychiatrische Versorgung in der Schweiz. Diese blockieren die Umfelds- und Bezugspersonenarbeit, die vor allem in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, in der Alters- sowie Sozialpsychiatrie extrem wichtig sind. Deutlich tiefer fällt gemäss Verordnung auch die Entschädigung der Konsilien aus, was in unserem Fachgebiet vor allem die institutionellen ambulanten Dienste mit ihren ausgebauten Konsiliar- und Liaisonabteilungen schwer treffen wird.

Fokus auf Vernehmlassung und TARCO

Die psychische Versorgung gehört zum einen zu den gesundheitspolitischen Prioritäten des Bundesrats. Zum anderen belegt die aktuelle BASS/BAG-Studie in diesem Bereich Behandlungslücken. Diese Versorgungsengpässe betreffen die Landbevölkerung, die Kinder- und Jugendpsychiatrie und Notfallangebote sowie Kriseninterventionen. Darüberhinaus gehören die Psychiaterinnen und Psychiater bereits heute zu den am schlechtesten verdienenden Ärztinnen und Ärzten. Dass der bundesrätliche Tarifeingriff nun ausgerechnet im Gebiet der Psychiatrie Tarifsenkungen und Lohneinbussen mit sich bringt, mutet befremdlich an und steht im Widerspruch zu den sonstigen politischen Verlautbarungen. Die schwierige Situation erfordert nun ein klares, aber weitsichtiges Handeln und Vorgehen. Anhand des aktuellen Tarifeingriffs kann man erkennen, dass Spezifika unseres Fachgebietes in einem von einem Bundesamt gestalteten Tarif wenig Berücksichtigung finden. Unser oberstes Ziel sollte deshalb sein, zusammen mit der FMH die Tarifautonomie zu erhalten. Die FMPP plant daher nun auf zwei Ebenen vorzugehen: Zum einen wird sie in den kommenden Wochen die vorgeschlagenen Tarifänderungen analysieren und im Rahmen der Vernehmlassungsfrist eine detaillierte Stellungnahme ausarbeiten. Sie wird sich dabei auch nicht scheuen, die Öffentlichkeit zu gegebenem Zeitpunkt über die negativen Auswirkungen für die Bevölkerung zu informieren. Zum anderen engagiert sich die FMPP weiterhin in den Tarifarbeiten TARCO der FMH, wo aktuell die kapitelbezogenen Detailarbeiten laufen. Die FMPP setzt sich im Projekt TARCO weiter für die folgenden Ziele ein: Gleiches Lebenseinkommen aus der OKP bei gleicher Arbeitszeit für alle Ärzte (unabhängig von der Fachrichtung), Aufhebung der Limitationen, Zuschlagsfaktor für Kinder- und Jugendliche < 16 Jahre, Erhalt der qualitativen Dignität für alle psychiatrischen Positionen sowie eine (weitere) Reduktion der Spartenbetriebsdauer und Produktivität. Gemeinsames Ziel der Ärzteschaft ist es, eine mehrheitsfähige Tarifstruktur zu erarbeiten, die auch den politischen Anforderungen Rechnung trägt und die von den Tarifpartnern anerkannt und mitgetragen wird. Mitte 2018 soll dann dem Bundesrat eine gemeinsame überarbeitete Tarifstruktur zur Genehmigung eingereicht werden.  

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