
Bereits Anfang des Jahres hat Bundesrat Alain Berset bemängelt, dass – gemessen an der Anzahl Versicherten – mit den curafutura-Versicherern CSS, Helsana, KPT und Sanitas nur eine Minderheit der Krankenversicherer den neuen Tarifvorschlag «TARDOC» unterstützt. Ebenso sah er es als problematisch an, dass sich die FMH und curafutura auf kein gemeinsames Konzept zur kostenneutralen Einführung von TARDOC einigen konnten und dadurch gemäss seiner Interpretation zwei unterschiedliche Tarifstrukturen eingereicht haben. Die FMH hatte die unnormierte Struktur mit einem Konzept zur Steuerung über den kantonalen Taxpunktwert eingereicht, curafutura eine auf dem Taxpunkt normierte Struktur. Ansonsten hatten sich die beiden Tarife nicht unterschieden.
In den letzten Wochen haben die beiden Verbände ein gemeinsames Konzept zur kostenneutralen Einführung von TARDOC ausgearbeitet, das die beiden bisherigen Konzepte unter einen Hut bringt und auch die Vorgabe des Bundesrates berücksichtigt, wonach die Tarifstruktur in sich kostenneutral ausgestaltet sein muss. Das neue Konzept sieht einen sogenannten «External Factor» vor, der zwar integraler Bestandteil der Tarifstruktur ist, allerdings nicht mit den Taxpunkten verrechnet wird. Der Faktor kommt, genau gleich wie der Taxpunktwert, erst auf der Rechnung zur Anwendung. Dies hat den Vorteil, dass die Tarifstruktur ihre Betriebswirtschaftlichkeit behält und die Taxpunkte jederzeit und transparent nachkalkuliert bzw. verändert oder angepasst werden können.
Mit Hilfe der Transcodierung, welche die FMH zusammen mit den Expertinnen und Experten der Fachgesellschaften ausgearbeitet hat, haben die FMH und curafutura das nach Einführung von TARDOC zu erwartende Taxpunktvolumen berechnet. Dieses liegt ca. 14 Prozent höher als das entsprechende TARMED-Volumen. Entsprechend liegt der External Factor bei 0.86. Mit diesem Faktor wird auf der Rechnung anschliessend jeder Taxpunkt multipliziert.
Mit dem gemeinsamen Kostenneutralitätskonzept und der damit einheitlichen Tarifstruktur haben die FMH und curafutura zwei Forderungen des Bundesrates erfüllt. Ein weiterer Stolperstein wurde bereits am 1. Mai 2020 aus dem Weg geräumt: Die SWICA Krankenversicherung AG, Verbandsmitglied bei der santésuisse, hat sich entschieden dem TARDOC-Grundvertrag beizutreten. SWICA wird aber weiterhin dem santésuisse-Krankenkassenverband angehören.
Inzwischen konnte auch die Prüfung des TARDOC durch das Bundesamt für Gesundheit BAG weitergeführt werden. Von Januar 2020 bis April 2020 haben insgesamt drei Workshops stattgefunden. Im Workshop im April ging es schwerpunktmässig um die Transcodierung. Dieses hochkomplexe Werk ist die Grundlage für die Berechnungen des External Factors in Zusammenhang mit der Kostenneutralität.
Mit der Zustimmung der Delegiertenversammlung der FMH zum Kostenneutralitätskonzept haben die FMH und curafutura am 25. Juni 2020 dem Bundesrat ergänzende Unterlagen nachgereicht. Bestandteil der Nachreichung ist einerseits das Kostenneutralitätskonzept sowie als Anhang des Grundvertrags die mit der Kostenneutralität zusammenhängende Monitoring-Vereinbarung. Ebenfalls wird die Tarifstruktur in der Version 1.1 nachgereicht. Darin sind gegenüber der Version 1.0 noch gewisse Anpassungen wegen Fehlern in den Kostenmodellen gemacht worden. FMH und curafutura gehen davon aus, dass sie mit der Nachreichung die Forderungen des Bundesrates erfüllen können. Geplant ist weiterhin eine Einführung von TARDOC, der auch für unsere Fachdisziplin wichtige Aktualisierungen bringen würde, per 1. Januar 2022.